Walk Again Projekt Teil der WM 2014

Viele haben es womöglich gar nicht wahrgenommen – der Kick Off zur WM 2014. Ein an Paraplegie erkrankter Querschnittgelähmter hat die Weltmeisterschaft in Brasilien eröffnet. Dies ermöglichte ihm ein Exoskelett aus dem Walk Again Projekt, welches über Gehirnströme gesteuert werden kann.

Walk Again Projekt - Exoskelett
Walk Again Projekt – Exoskelett (Quelle: www.copa2014.gov.br)

Walk Again Projekt

Der 29jährige Juliano Pinto hat den Anstoß (Kick Off) zur Fußball Weltmeisterschaft 2014 gemacht. Und das, obwohl er eine vollständige Lähmung seiner unteren Extremitäten hat – Paraplegie. Juliano ist einer von acht Teilnehmern des Walk Again Projekts, die alle ihre Beine nicht mehr bewegen können.

Das Walk Again Projekt ist eine internationale Zusammenarbeit von über hundert Wissenschaftlern. Der leitende Professor ist Miguel Nicolelis aus Brasilien. Das Ziel des Projektes ist, Querschnittgelähmte Menschen wieder mobil zu machen.

Der Patient steuert seine Beine und fühlt den Boden

Juliano Pinto hat die wissenschaftliche Fortschritte des Projektes bei seinem Anstoß demonstriert. Er trug ein Exoskelett, mit dem er den ersten Ball spielte. Im System werden die Hirnsignale des Patienten gemessen. Denkt dieser an die Bewegung seiner Beine, wertet ein Prozessor die Signale aus und gibt den Beinen, genauer gesagt den Hydraulikmotoren den entsprechenden Impuls, um zu gehen oder, wie in São Paulo, um zu schießen.

Der Patient bekommt sogar eine Rückmeldung über eine sensitive, künstliche Haut – die CellulARSkin, die an der TU München entwickelt wurde. Diese ist an Körperteilen angebracht, mit denen der Querschnittgelähmte noch fühlen kann. Das Gegenstück wird an der Sohle installiert. So spürt der Patient, wenn er den Boden berührt und welche Oberfläche er gerade begeht. Jedoch nicht an den Beinen, sondern an den Armen.

Sensoren in der CellulARSkin erkennen Berührungsnähe, Druck, Vibrationen, Temperatur und sogar Bewegung im dreidimensionalen Raum.

Das Exoskelett hat eine Größe von 1,78m und wiegt etwa 60-70kg. Der Patient spürt jedoch von dem Gewicht nichts. Das Skelett sorgt für die nötige Balance und Fortbewegung. Das einzige, was der Patient anstrengen muss, ist der Gehirnschmalz.

Der Kick Off demonstriert erst den Anfang der Forschung

Die Forschung im Walk Again Projekt befindet sich noch in den Kinderschuhen. Bis Querschnittgelähmte wieder laufen und ihre Umgebung wahrnehmen können, vergeht noch einige Zeit ins Land.

Die Erwartungen an das Projekt sind jedoch hoch. Ich gehe davon aus, dass sich in den nächsten zehn Jahren einiges ergeben wird und Paraplegie-Patienten endlich wieder mit vollem Körpereinsatz am Leben teilhaben können. Dann ist es sicherlich auch möglich, Sensoren wie Implantate (aus dem 3D-Drucker) einzupflanzen und das Gewicht des Exoskeletts zu minimieren. Womöglich könnte dieses sogar aus intelligenten Textilfasern bestehen. Sodass der Patient nur die entsprechende Hose anziehen muss und wieder laufen kann.

Denkt man noch weiter, so könnte diese Entwicklung auch die Wiedereingliederung von an Paraplegie erkrankten Menschen ins Arbeitsleben bedeuten. Nicht, dass diese Patienten gezwungen werden sollen zu arbeiten. Einen Beruf auszuüben ist jedoch auch wichtig für die seelische Gesundheit, die bei jenen Menschen besonders leidet. Die Forschungen sind also auch ein großer Beitrag für mehr Ergonomie am Arbeitsplatz für Menschen mit Behinderung.

Auf dem Weg zu den heutigen Forschungsergebnissen wurden die Hirnströme von Affen gemessen. Dabei fand man heraus, dass für dieselbe Bewegung immer wieder dieselben Hirntätigkeiten vorhanden war. So kam man letztendlich auf das Walk Again Projekt. Jetzt kann man sich natürlich darüber streiten, dass man keine Tiere mehr in der Forschung einsetzen sollten, aber das ist ein anderes Thema und bedarf eines separaten Artikels.

Im Video spricht Miguel Nicolelis über das Walk Again Projekt. Wie es funktioniert und was Patienten davon erwarten können.

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